Die Lobby schlägt zu

Nahostpolitik

Rabbi Abraham Cooper vom Simon-Wiesenthal Zentrum in Los Angeles ruft den Bremer Senat auf, gegen die „Antisemiten“ vorzugehen

Von Arn Strohmeyer, 29.08.2016

Da werden sich die Bremer Aktivisten, die sich für die Rechte der Palästinenser und für die Einhaltung von Völker- und Menschenrechte durch Israel einsetzen, bei der morgendlichen Zeitungslektüre die Augen gerieben haben: Da darf im Bremer Weser-Kurier der stellvertretende Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles, Rabbi Abraham Cooper, in einem Gast-Kommentar die Bremer Stadt-Regierung (Senat) auffordern, endlich gegen die „Antisemiten“ vorzugehen. Und nicht nur das, sie werden indirekt auch gleich in die Nazi-Ecke gestellt: Denn die BDS-Bewegung (Boykott, Sanktionen, De-Investment) wird da direkt mit den Protokollen der Weisen von Zion und Adolf Hitler in Verbindung gebracht.

Dann folgt noch eine üble Unterstellung und Diffamierung: „Die Feinde Israels haben nach 1967 entdeckt, dass sie ihre Propaganda gegen Israel in Europa nicht als Kriegs-, sondern als Friedensbotschaft besser verkaufen können. So ist BDS ein Kampfmittel gegen Israel, es bedient judenfeindliche Tendenzen und schürt den Antisemitismus neu. Die Deutschen dürfen nicht auf die täuschende Friedensbotschaft reinfallen und sich gegen Israel manipulieren lassen.“

Dann beschwört Cooper in rührender Weise die Werte der Thora: Feindes- und Nächstenliebe. Da kann man doch nur einwenden: Wenn der Staat Israel diese sehr humanen Gebote gegenüber den Palästinensern anwenden würde, dann gäbe es den ganzen Konflikt zwischen dem israelischen Siedlerstaat  und den kolonisierten, vertriebenen und gedemütigten Palästinensern gar nicht. Was haben Landraub, Mauerbau, die Wegsperrung von Millionen Menschen , nächtliche Razzien mit willkürlichen Festnahmen (sogar von Kindern), die Zerstörung von Häusern, Olivenhainen und Brunnen mit den von Cooper propagierten Werten der Nächsten- und Feindesliebe zu tun?

Interessant und aufschlussreich ist, dass der in Los Angeles lebende Rabbi Cooper die Bremer Verhältnisse bis ins Detail kennt, sogar die Villa Ichon – ein weltoffenes Haus, das der Bremer Unternehmer Klaus Hübotter den Bewohnern der Stadt und den verschiedensten Gruppen zur Verfügung gestellt hat, damit sie dort Veranstaltungen durchführen können. Regelmäßig tagt dort zum Beispiel die Deutsch-Israelische-Gesellschaft (DIG), aber auch die Nahostgruppen und das Bremer Friedensforum sind dort zu Gast. Das ist den Bremer Israel-Freunden offensichtlich ein Ärgernis, sie wollen diese Gruppen dort schlicht raushaben. Der israelische Kampagnen-Journalist Benjamin Weinthal hatte schon eine Droh-E-mail an Klaus Hübotter geschickt, die aber nichts bewirkte. Nun hat die Bremer DIG die Eskalationsstufe offensichtlich erhöht und Rabbi Cooper vom Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles eingeschaltet. Der ganze Vorgang ist Teil einer noch größeren Kampagne, die der DIG-Vorsitzende Dr. Hermann Kuhn (ein Politiker der Grünen) dabei ist zu inszenieren: Bremen soll „Antisemitismus“-frei werden. (Das ist die Umkehrung des Nazi-Ziels, Deutschland „judenrein“ zu machen!) Man darf gespannt sein, wie der Bremer Senat auf diese Kampagne reagieren wird: Denn hier geht es um hohe Werte: Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit sowie das Recht auf freie Demonstration. Oder gelten diese Werte nur für die Anhänger Israels? Aber letzten Endes geht es um die Menschen- und Bürgerrechte für Millionen Palästinenser, die Israel ihnen vorenthält.

Wie die kombinierte Kampagne aus Los Angeles und Bremen einzuschätzen ist, hat die israelische Ex-Ministerin, Knesset-Abgeordnete und langjährige Angehörige der israelischen Armee, Shulamit Aloni, einmal klar und deutlich ausgesprochen: „Der Antisemitismus-Vorwurf ist ein Trick, Wenn jemand in Europa Israels Politik kritisiert, dann bringen wir den Holocaust und die Leiden des jüdischen Volkes auf die Agenda. Das rechtfertigt dann alles, was wir den Palästinensern antun. Diese Kritiker werden dann als Antisemiten angeprangert. Diese Vorwürfe werden auch von den jüdischen Organisationen in den USA unterstützt. Sie habe große Macht und viel Geld und arbeiten sehr eng mit dem israelischen Establishment zusammen.“