Handeln außerhalb der Rechtsstaatlichkeit: Washington setzt den Internationalen Strafgerichtshof unter Druck

Nahostpolitik

Philip Giraldi, 07.06.2020

Offenbar gibt es keine Grenze für das, was die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel ohne Konsequenzen durchsetzen können. Die Vereinigten Staaten führen einen verheerenden Wirtschaftskrieg gegen den Iran und Venezuela, während sie gleichzeitig China für eine globale Gesundheitskrise verantwortlich machen, zu deren Bewältigung sie aufgrund ihres Austritts aus der Weltgesundheitsorganisation nicht bereit sind. Israel plant unterdessen die illegale Annexion bedeutender Teile des palästinensischen Westjordanlandes im Juli, mit grünem Licht der Trump-Administration, und niemand in Europa oder anderswo ist auch nur daran interessiert, ernsthafte Sanktionen zu initiieren, die zu einem Aussetzen dieser Entscheidung führen könnten. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat sogar rundheraus erklärt, dass die verbleibenden Palästinenser, die annektiert werden sollen, keine israelischen Staatsbürger werden – sie werden stattdessen „Untertanen“ des jüdischen Staates sein, ohne garantierte Rechte oder Privilegien.

Das amerikanische Establishment ist voll und ganz dem Prinzip verpflichtet, dass die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel im Umgang mit anderen Ländern in ihren jeweiligen Einflussbereichen „freie Hand“ haben sollten. Das bedeutet effektiv, die Erzählung so zu kontrollieren, dass die USA und der jüdische Staat immer als Opfer des prinzipienlosen Verhaltens anderer Nationen erscheinen, und auch ein Umfeld zu schaffen, in dem es keine wirksamen rechtlichen Anfechtungen aggressiven Handelns geben kann.

Die einzige Organisation, die speziell gegründet wurde, um sich mit Fragen wie aggressiven Kriegen und ethnischen Säuberungen zu befassen, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag, wurde in der Tat sowohl von Washington als auch von Jerusalem ins Visier genommen, um ihm in Situationen, in denen eines der beiden Länder involviert ist, jegliche Gerichtsbarkeit zu verweigern. Weder Israel noch die Vereinigten Staaten von Amerika haben den IStGH anerkannt, aus dem offensichtlichen Grund, dass sie selbst die Hauptursache für ungeheuerliche Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen sind. Israel ist besonders besorgt wegen seiner zahlreichen Kriegsverbrechen, darunter der Verletzung der Vierten Genfer Konvention, die „die direkte oder indirekte Überführung von Teilen seiner eigenen Zivilbevölkerung in das von ihm besetzte Gebiet durch die Besatzungsmacht oder die Deportation oder Überführung der gesamten oder von Teilen der Bevölkerung des besetzten Gebietes innerhalb oder außerhalb dieses Gebietes“ verbietet.

Tatsächlich ist der IStGH in letzter Zeit sowohl von der Trump Administration als auch vom Kongress angegangen worden. Vor zwei Wochen übermittelte eine überparteiliche Gruppe von 69 US-Senatoren Außenminister Mike Pompeo einen Brief, in dem sie die „gefährliche Politisierung des Gerichts“ verurteilte, das „auf unfaire Weise Israel zur Zielscheibe macht„. Die Senatoren forderten Pompeo nachdrücklich auf, seine „energische Unterstützung Israels fortzusetzen, da das Land mit der wachsenden Möglichkeit von Ermittlungen und Verfolgungen durch den Internationalen Strafgerichtshof konfrontiert ist„. Der Brief enthielt die Behauptung, dass „derzeit laufende Aktionen zur Verfolgung israelischer Staatsangehöriger führen könnten …„, obwohl „der IStGH in diesem Fall keine legitime Gerichtsbarkeit hat“.

Die Behauptung, dass der IStGH keine Gerichtsbarkeit hat, ist bestenfalls fragwürdig, da der „palästinensische Staat“ Beobachterstatus hat und Mitglied internationaler Gremien bei den Vereinten Nationen ist. Er ist auch ein Unterzeichner des Statuts von Rom, mit dem der IStGH gegründet wurde. Der Senatsbrief selbst wurde vorhersehbarerweise von Ester Kurz, der gesetzgebenden Direktorin des American Israel Public Affairs Committee (AIPAC), der führenden israelischen Interessenvertretung in den Vereinigten Staaten, verfasst. Ein ähnlicher Brief wurde auch im Repräsentantenhaus in Umlauf gebracht, das ein „amerikanisches Thema“ hinzufügte, indem es die Absicht des IStGH kritisierte, die Kriegsverbrechen der Vereinigten Staaten in Afghanistan zu untersuchen. Er erhielt 262 Unterschriften.

In Vorwegnahme der Bedrohung der israelischen Interessen hat der US-Kongress die Sicherheits- und sonstige Hilfe für die Palästinensische Autonomiebehörde seit langem an Bedingungen geknüpft und jegliche Unterstützung ausgesetzt…

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http://www.antikrieg.eu/aktuell/2020_06_07_handeln.htm